Es ist ein sonniger Samstag.
An einigen Standorten in der Schaffhauser Altstadt tönt es unverkennbar nach Jazz, ein untrügliches Zeichen, dass das 32. Schaffhauser Jazzfestival unmittelbar bevorsteht.
Während man sich im städtischen Treiben gerne ein wenig in diese Welt der Musik entführen lässt, läuft die Antwort auf die Frage, ob man Jazz liebt häufig auf ein gequältes Nein hinaus. Die Ursache dieser meist höflich gemeinten Ablehnung scheint eine Mischung aus Anerkennung und Unzumutbarkeit zu sein. Anerkennung im Sinne von: Das sind alles hervorragende Musiker, die virtuos mit ihrem Instrument umzugehen wissen. Unzumutbarkeit als Synonym für eine gewisse Kompliziertheit an Klangfolgen, denen man sich nicht unbedingt aussetzen möchte. Und jetzt? Folgt ein Diskurs über die Vorzüge des Jazz? JEIN!
Vor mit liegt das liebevoll gestaltete Programmheft des 32. Jazzfestivals. Gerne lade ich dich ein, mir ein wenig Gesellschaft zu leisten und durch das Programmheft zu schlendern. Unseren ersten Halt machen wir bei Seite 34: Was ist Jazz? Nachdem diese Frage nun ein für allemal geklärt zu sein scheint, wenden wir uns dem Programm zu. Oder doch zu voreilig? Klären wir zunächst die Frage, was das Schaffhauser Jazzfestival zu etwas ganz Besonderem in diese Szene macht. Seit seiner Gründung haben sich die Veranstalter stets auf den Schweizer Jazz konzentriert. So wird es auch dieses Jahr sein. Wir werden im Programmheft keine internationalen Jazzstars ausfindig machen können. «Das Festival ist eine jährliche Werkschau der hiesigen Produktionen und Entwicklungen; ein Festival, an dem Musikerinnen und Musiker verschiedenster Stile neue Projekte und Gruppen vorstellen können und wo das lokale Publikum und eine nationale und internationale Öffentlichkeit einen Überblick über das hiesige, aktuelle Jazzgeschehen bekommt.» Zitat Patrik Landolt (Verleger Intakt Records, Mitbegründer Schaffhauser Jazzgespräche und Organisator des «unerhört»-Festivals Zürich).
Wie um alles in der Welt soll ich denn wissen, welche Band ich mir anhören möchte? Gegenfrage: Kaufst du dir ein Kochbuch um ein Rezept auszuwählen, dass du bereits kennst? Spätestens jetzt wird es Zeit für das Programm!
Das Programm
Bereits der Einstieg am Mittwoch Abend ist das erste Highlight. Die Musik des Genfer Schlagzeugers Arthur Hnatek zeigt, dass Jazz auch irgendwo zwischen Metal, Ambient-Elektro und Breakbeat klingen kann. Hnatek, den man als Sideman von Leuten wie Tigran Hamasyan oder Erik Truffaz kennt, steht in Schaffhausen zum ersten Mal als Bandleader im Zentrum des musikalischen Geschehens.
Weiter geht’s am Donnerstag mit dem KALI Trio als Schlussact des zweiten Abends. Das Trio verschmelzt verschiedene musikalische Dialekte aus Groove-, Noise-, Minimal- und Ambientmusik.
Der Freitag steht dann mit Bands wie Traveling von Heiri Känzig oder Andreas Tschopp Bubaran ganz im Zeichen spannender Vermengung verschiedener Kulturen. Zwischen den beiden Klangreisen zeigt das Quartet um Nicolas Masson mit seiner subtil dosierten Expressivität, eine weitere spannende Facette des Jazz. Der Bieler Lionel Friedli begleitet an diesem Abend, als einer der etabliertesten Drummer der Schweizer Szene, alle drei Bands.
Zum Abschluss gibt’s die Albumtaufe «Alternate Reality» von Woodoism um den Posaunisten Florian Weiss. Die Band «Greenwoman» des welschen Pianisten Malcolm Braff wagt in Schaffhausen eine Neuauflage mit der Sängerin Claire Huguenin und dem österreichischen Schlagzeuger Lukas König. Malcolm Braff ist dafür bekannt, dass er keine halben Sachen macht. Umso gespannter darf man also sein, was die drei Künstler, die über ein hohes Mass an Improvisationsvermögen in sich vereinen, an Überraschungsmomenten auf die Bühne zaubern werden.
Die Tickets
Spätestens jetzt ist es an der Zeit, sich um Tickets zu kümmern! Einige Abende sind schon komplett ausverkauft. Doch auch hier beweisen die Organisatoren Aussergewöhnliches. Es gibt das gesamte Programm auch als Live Stream.
Dennoch wäre es schade, das Programmheft schon zur Seite zu legen. Falls du dich vorhin gefragt hast, wie ein Drummer es schafft gleich drei Bands an einem Abend zu begleiten, dann blättere mit mir zur Seite 22 – 23. Eine nicht minder spannende Geschichte um die Drummerin Béatrice Graf findest du ab Seite 11.
Und was erwartet dich in den kommenden Tagen auf diesem Portal?
Als Konzertfotograf portraitiere ich normalerweise Künstler aus den Bereichen Rock und Metal. Diesmal werden es Eindrücke der Jazzabende im Kammgarn sein. Du findest hier neben den Stimmungsbildern meine musikalischen Eindrücke. Ich bin kein grosser Jazzkenner. Mein Anspruch wird es also nicht sein, mir Urteile über die musikalische Leistung zu erlauben. Vielmehr möchte ich euch an meiner Begeisterung teilhaben lassen. Meine persönliche erste musikalische Erfahrung am 32. Jazzfestival in Schaffhausen. Stay tuned!
Das 32. Schaffhauser Jazzfestival findet vom 26. – 29. Mai 2021 statt.
Picture Credits: Peter Pfister
Nützliche Links: